Das mathematische Pendel

Das Pendel wurde bereits hier und hier behandelt (mit dem Lagrange-Formalismus). Natürlich gibt es auch eine Wikipedia-Seite. Hier wird nur noch einmal an die wichtigsten Zusammenhänge erinnert.
Wir nehmen an, dass ein Körper der Masse \(m\) an einem Pendel der Länge \(L\) befestigt ist. Die Masse des Pendelfadens ist vernachlässigbar, ebenso die Reibung (in der Luft oder am Aufhängepunkt). Die Anfangsauslenkung ist \(ϕ_0\). Das Fadenpendel (auch als Mathematisches Pendel bezeichnet) kann als Punktmasse betrachtet werden, welche eine definierte Bahngeschwindigkeit \(v\) hat.

Energieerhaltung

Die Summe \(E_{ges}\) aus kinetischer und potentieller Energie muss konstant sein:

\[ E_{ges} = E_{kin} + E_{pot} = \frac{m}{2} \cdot v^2 + m \cdot g \cdot h = const. \] Es ist günstig, den tiefsten Punkt der Pendelbewegung mit \(E_{pot}=0\) zu verknüpfen. Die Höhe der Pendelmasse über dem tiefsten Punkt ist \(h = L \cdot \left(1- \cos{\phi} \right)\), siehe Skizze:

Die Gesamtenergie kann dann aus der Anfangsauslenkung \(\phi_0\) bestimmt werden, und zwar ist \(E_{ges} = m \cdot g \cdot L \cdot \left(1- \cos{\phi_0} \right)\), da für \(\phi = \phi_0\) die kinetische Energie Null ist. Wir haben also:

\[ \begin{align*} E_{kin} + E_{pot} &= E_{ges} \\ \frac{m}{2} \cdot v^2 + m \cdot g \cdot L \cdot \left(1- \cos{\phi} \right) &= m \cdot g \cdot L \cdot \left(1- \cos{\phi_0} \right) \hspace{2cm} (1) \end{align*} \]

Dies kann nach \(v\) umgestellt werden, um die Geschwindigkeit \(v\) in Abhängigkeit vom Auslenkungswinkel \(\phi\) zu berechnen:

\[ v(\phi) = \sqrt{2 \cdot g \cdot L \cdot \left( \cos{\phi} - \cos{\phi_0} \right)} \hspace{6cm} (2) \] Für \(\phi = \phi_0\) ist die Geschwindigkeit Null, für \(\phi = 0\) (tiefster Punkt) nimmt die Geschwindigkeit den maximalen Wert an:

\[ v_{max} = \sqrt{2 \cdot g \cdot L \cdot \left(1 - \cos{\phi_0} \right)} = \sqrt{2 \cdot g \cdot h_0} \] Hier ist \(h_0 = L \cdot \left(1 - \cos{\phi_0}\right)\) die Anfangshöhe. Wenn \(\phi_0\) größer wird, wird auch \(v_{max}\) größer, denn \(\cos{\phi_0}\) wird kleiner.


Bewegungsgleichung

Auf das Pendel wirkt die Gewichtskraft \(F = - m \cdot g\) in Richtung Erde. Wir benötigen die Komponente \(F_t\) dieser Kraft in der Bewegungsrichtung, also senkrecht zum Faden. Die tangentiale Kraft ist \(F_t = F \cdot \sin{\phi} = - m \cdot g \cdot \sin{\phi}\), siehe Skizze:

Damit ist die Beschleunigung in Bewegungsrichtung \(a = F_t / m = - g \cdot \sin{\phi}\). Die Beschleunigung ist die 1. zeitliche Ableitung der Geschwindigkeit, woraus folgt:

\[ \frac{dv}{dt} = - g \cdot \sin{\phi} \]

Für die Kreisbewegungung am Pendel gilt außerdem \(v = \omega \cdot L = d \phi/dt \cdot L\) (siehe die Formelsammlung für Drehbewegungen; hier \(L\) statt \(r\) für den Radius). Damit haben wir schließlich

\[ \frac{dv}{dt} = \frac{d^2 \phi}{dt^2} \cdot L = - g \cdot \sin{\phi} \] was uns zur Bewegungsgleichung führt:

\[ \frac{d^2 \phi}{dt^2} = - \frac{g}{L} \cdot \sin{\phi} \hspace{2cm} (3) \]

Diesen Ausdruck hatten wir bereits hier mit Hilfe des Lagrange-Formalismus erhalten.


Lösung der Bewegungsgleichung für kleine Anfangsauslenkungen

Allerdings lässt sich Gleichung (3) nicht analytisch lösen. Wir können jedoch für kleine Auslenkungswinkel \(\sin{\phi} \approx \phi\) setzen. Dann haben wir für die Bewegungsgleichung die sehr viel einfachere Form (benutze \(d^2\phi/dt^2 = \ddot{\phi}\))

\[ \ddot{\phi} + \frac{g}{L} \cdot \phi = 0 \hspace{2cm} (4) \]

dessen Lösung wir mit dem Ansatz \(\phi(t) = \phi_0 \cdot \cos{(\omega \cdot t)}\) bereits hier gefunden hatten, nämlich:

\[ \phi = \phi_0 \cdot \cos{\left(\sqrt{\frac{g}{L}} \cdot t \right)} \hspace{2cm} (5) \]

Es handelt sich also um eine harmonische Schwingung mit der Kreisfrequenz

\[ \omega = \sqrt{\frac{g}{L}} \]


Schwingungsdauer für kleine Anfangsauslenkungen

Es gilt \(\omega = 2 \pi/T\) (siehe Formelsammlung für Drehbewegungen), also ist die Periode

\[ T = 2 \cdot \pi \cdot \sqrt{\frac{L}{g}} \hspace{2cm} (6) \] Längere Pendel ergeben längere Schwingungsdauern. Auf dem Mond (\(g = 1.62 \; m/s^2\)) wäre die Schwingungsdauer größer als auf der Erde (\(g = 9.81 \; m/s^2\)).


uwe.menzel@matstat.org