Die relativistische Energie-Impuls-Beziehung

Die relativistische Energie-Impuls-Beziehung lautet :

\[ E^2 = \left( p \cdot c \right)^2 + \left( m \cdot c^2 \right)^2 \hspace{2cm} (1) \]

Hier ist \(m\) die Ruhemasse, \(p\) der Impuls und \(c\) die Lichtgeschwindigkeit.

Für ein Objekt in Ruhe (\(p=0\)) führt das auf die berühmte Beziehung:

\[ E = m \cdot c^2 \hspace{4.7cm} (2) \] Für Objekte mit der Ruhemasse Null (\(m=0\) ; z. B. Photonen) bedeute das:

\[ E = p \cdot c \hspace{5cm} \]

Der Impuls eines Photons ist

\[ p = \frac{h \cdot \nu}{c} \hspace{4.7cm} \]

Hier ist \(\nu\) (oft auch \(f\)) die Frequenz der Strahlung und \(h\) das Plancksche Wirkungsquantum.

Damit ist die Photonenenergie:

\[ E_{photon} = h \cdot \nu \hspace{2cm} (3) \] Ein äquivalenter Ausdruck für die Photonenenergie ist:

\[ E_{photon} = \hbar \cdot \omega \hspace{2cm} (4) \] Laut Definition ist nämlich \(\hbar = h/2\pi\) (“hquer”). Außerdem gilt für die Kreisfrequenz \(\omega = 2 \pi \cdot \nu\).


Statt Gleichung (1) kann man für die relativistische Energie auch schreiben:

\[ E = \gamma \cdot m \cdot c^2 \hspace{2.3cm} (5) \]

Hier ist \(\gamma\) der Lorentzfaktor:

\[ \gamma = \frac{1}{\sqrt{1-\frac{v^2}{c^2}}} \ge 1 \]

Der Lorentzfaktor ist 1 für \(v=0\), sonst immer größer als 1.


Für den relativistischen Impuls von Teilchen mit von Null verschiedener Ruhemasse und der Geschwindigkeit \(v\) gilt:

\[ p = \gamma \cdot m \cdot v \hspace{2.5cm} (6) \]

Wird Gleichung (6) in Gl. (1) benutzt, kann man mit etwas Rechnerei wieder Gleichung (5) erhalten, siehe Anhang.


Das Elektronenvolt

Das Elektronenvolt (\(eV\)) ist eine Energieeinheit. Es ist definiert als die Energie, die ein Elektron (oder ein anderes Teilchen mit gleicher Ladung) gewinnt, wenn es im Vakuum über eine Spannung von einem Volt beschleunigt wird. Die Ladung des Elektrons beträgt \(e = 1.6 \cdot 10^{−19} As\) , daher entspricht ein \(eV\) der Energie

\[ 1 \; eV = 1.6 \cdot 10^{−19} As \cdot 1 \; V = 1.6 \cdot 10^{−19} \; Ws = 1.6 \cdot 10^{−19} \; Joule \] Ein Mega-Elektronenvolt (\(MeV\)) entspricht also einer Energie von \(1.6 \cdot 10^{−13} Joule\).

Aufgrund der Masse-Energie-Äquivalenz (2) können Massen von Teilchen auch in \(MeV/c^2\) ausgedrückt werden, denn es ist ja \(m = E/c^2\). Hier einige Beispiele:

\[ \begin{align*} m_e &= 0.511 \;\; MeV/c^2 \hspace{1.2cm} \text{Ruhemasse des Elektrons} \\ m_P &= 938.27 \;\; MeV/c^2 \hspace{1cm} \text{Ruhemasse des Protons} \\ m_N &= 939.57 \;\; MeV/c^2 \hspace{1cm} \text{Ruhemasse des Neutrons} \end{align*} \]

Diese Einheiten sind bei Berechnungen im Kontext von Elementarteilchen oft praktisch.


Die atomare Masseneinheit

Die Masse von atomaren Teilchen kann auch als Vielfaches der atomaren Masseneinheit \(u\) angegeben werden. Die atomare Masseneinhait \(u\) ist definiert als \(1/12\) der Masse von Kohlenstoff \(_{\;6}^{12}\mathrm {C}\), das bedeutet:

\[ 1 \; u \approx 1.66 \cdot 10^{-27} \;\; kg \] Hier einige Beispiele:

\[ \begin{align*} m_P &= 1.007276 \; u \hspace{1cm} \text{Ruhemasse Proton} \\ m_N &= 1.008665 \; u \hspace{1cm} \text{Ruhemasse Neutron} \\ m\left( _{1}^{2}\mathrm{H} \right) &= 2.0135536 \; u \hspace{0.8cm} \text{Ruhemasse Deuterium} \end{align*} \]

Aufgrund der Äquivalenz zwischen Masse und Energie kann die Energie auch in Einheiten von \(u \cdot c^2\) ausgedrückt werden, oder auch die Masse in Einheiten von \(MeV/c^2\):

\[ 1 \;u \approx 931.5 \; MeV / c^2 \]


Bindungsenergie von Nukleonen

Gleichung (2) bedeutet, dass Ruhemasse und Energie äquivalent sind. Masse kann in Energie umgewandelt werden und umgekehrt. Das beste Beispiel dafür ist der Massendefekt zwischen Nukleonen und Atomkern. Der Massendefekt war tatsächlich der erste experimentelle Nachweis für die Richtigkeit der Gleichung (2).

Bei der Bildung eines Atomkerns der Masse \(m_{Kern}\) aus Protonen und Neutronen tritt folgender Massendefekt \(\Delta m\) auf:

\[ \Delta m = Z \cdot m_P + N \cdot m_N - m_{Kern} \]

Der Massendefekt ist immer positiv, d.h. der Kern ist leichter als seine einzelnen Bestandteile. Die dem Massendefekt entsprechende Energie wird als Bindungsenergie \(E_B\) bezeichnet:

\[ E_B = \Delta m \cdot c^2 \] Bei der Verschmelzung von Protonen und Neutronen zu einem Atomkern wird also Masse in Energie umgewandelt.

Beispiel: Bildung eines Deuterons aus einem Proton und einem Neutron:

Das Deuteron ist der Kern des Deuteriums. Zur Berechnung des Massendefektes bei der Bildung eines Deuterons aus je einem Proton und einem Neutron können wir die oben angegebenen Massen in Einheiten von \(u\) benutzen:

\[ \Delta m = m_P + m_N - m\left( _{1}^{2}\mathrm{H} \right) = 1.007276 \; u \; + \; 1.008665 \; u \; - \; 2.0135536 \; u = 0.0023874 \; u \] Dies ergibt eine Bindungsenergie von

\[ E_B = \Delta m \cdot c^2 = 0.0023874 \; u \cdot c^2 = 0.0023874 \cdot 931.5 \; MeV / c^2 \cdot c^2 \approx 2.224 \; MeV \] (Wir sehen hier, dass es günstig ist, die Beziehung \(1 \;u \approx 931.5 \; MeV / c^2\) zu benutzen.)


Kernfusion

Bei der Kernfusion verbinden sich zwei Atomkerne zu einem neuen Kern. Ein Beispiel ist die Verschmelzung der Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium zu Helium. Dabei wird ein Neutron emittiert. Die Reaktionsgleichung lautet:

\[ _{1}^{2}\mathrm{H} \; + \; _{1}^{3}\mathrm{H} \quad \rightarrow \quad _{2}^{4}\mathrm{H_e} \; + \; _{0}^{1}\mathrm{n} \]

Zunächst die Massen der Ausgangs- und Endprodukte in atomaren Masseneinheiten:

\[ \begin{align*} m \left( _{1}^{2}\mathrm{H} \right) &= 2.01410175 \; u \\ m \left( _{1}^{3}\mathrm{H} \right) &= 3.0160495 \; u \\ m \left( _{2}^{4}\mathrm{H_e} \right) &= 4.002602 \; u \\ m \left( _{0}^{1}\mathrm{n} \right) &= 1.008665 \; u \end{align*} \]

Wir berechnen den Massendefekt:

\[ \begin{align*} \Delta m &= m \left( _{1}^{2}\mathrm{H} \right) + m \left( _{1}^{3}\mathrm{H} \right) - m \left( _{2}^{4}\mathrm{H_e} \right) - m \left( _{0}^{1}\mathrm{n} \right) \\ &= 2.01410175 \; u + 3.0160495 \; u - 4.002602 \; u - 1.008665 \; u \\ &= 0.01888425 \; u \\ &= 0.01888425 \cdot 931.5 \; MeV / c^2 \\ &\approx 17.59 \; MeV / c^2 \end{align*} \]

Damit ist die freigesetzte Energie für diese Fusionsreaktion:

\[ E = \Delta m \cdot c^2 = 17.59 \; MeV \] Würde man ein Mol der Ausgangsstoffe fusionieren, also \(N = 6.022 \cdot 10^{23}\) Deuterium- und Tritiumatome, könnte man also theoretisch die Energie

\[ E_{mol} = 17.59 \cdot 6.022 \cdot10^{23} \; MeV \approx 1 \cdot 10^{25} \; MeV = 1 \cdot 10^{25} \cdot 1.6 \cdot 10^{-13} \;Joule = 1.6 \cdot 10^{12} \; Joule = 1600 \; GJoule \] gewinnen.

Kernfusion ist der grundlegende Energiegewinningsprozess in der Sonne sowie in den Sternen. In Kernfusionsreaktoren könnten theoretisch große Energiemengen umweltfreundlich hergestellt werden.


Kernfusion und Kernspaltung

Wir haben gesehen, dass durch Kernfusion Energie gewonnen werden kann. Andererseits wird aber in Atomkraftwerken Energie durch Kernspaltung gewonnen. Wieso kann man einerseits durch Kernfusion, andererseits durch Kernspaltung Energie gewinnen?

Die Antwort gibt es beim Youtube-Kanal 100 Sekunden Physik \(\Rightarrow\): Kernspaltungs-Paradoxon (ganz ohne Reklame geht es leider nicht).


Anhang

Wird Gleichung (6) in Gl. (1) benutzt, kann man mit etwas Rechnerei wieder Gleichung (5) erhalten.

Gleichung (1):

\[ E^2 = \left( p \cdot c \right)^2 + \left( m \cdot c^2 \right)^2 \]

Wir setzen hier \(p = \gamma \cdot m \cdot v\) ein (Gl. (6)):

\[ E^2 = \left( \gamma \cdot m \cdot v \cdot c \right)^2 + \left( m \cdot c^2 \right)^2 \]

Daraus wird:

\[ E^2 = \frac{\gamma^2 \cdot v^2}{c^2} \cdot \left( m \cdot c^2 \right)^2 + \left( m \cdot c^2 \right)^2 = \left[ \frac{\gamma^2 \cdot v^2}{c^2} +1 \right] \cdot \left( m \cdot c^2 \right)^2 \hspace{2cm} (A1) \]

Wir formen den Term in der eckigen Klammer um:

\[ \frac{\gamma^2 \cdot v^2}{c^2} +1 = \frac{\gamma^2 \cdot v^2}{c^2} + \frac{\gamma^2}{\gamma^2} = \gamma^2 \cdot \left( \frac{v^2}{c^2} +\frac{1}{\gamma^2} \right) = \gamma^2 \cdot \left( \frac{v^2}{c^2} + 1 - \frac{v^2}{c^2} \right) = \gamma^2 \]

Also wird aus Gleichung (A1):

\[ E^2 = \gamma^2 \cdot \left( m \cdot c^2 \right)^2 \]

und damit:

\[ E = \gamma \cdot m \cdot c^2 \]



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