Das Newtonsche Gravitationsgesetz

Jeder Körper zieht jeden anderen Körper aufgrund der Gravitation an. Die Gravitationskraft \(\vec{F}_G\) ist entlang der Verbindungslinie der Körper gerichtet. Ihre Stärke ist proportional zum Produkt der beiden Massen und umgekehrt proportional zum Quadrat ihres Abstandes. Der Betrag \(F_G\) der Gravitationskraft ist:

\[ F_G = \gamma \cdot \frac{m_1 \cdot m_2}{r^2} \hspace{1.5cm} (1) \] Hier ist \(\gamma = 6.67 \cdot 10^{-11} \; \frac{Nm^2}{kg^2}\) die Graviatationskonstante.

Körper 1 zieht Körper 2 mit gleicher Stärke an wie umgekehrt (3. Newtonsches Gesetz).


Gravitation nahe der Erdoberfläche

Sei \(m_1\) ein Körper an der Erdoberfläche. Wie stark wird er von der Erde angezogen? Wir setzen für \(m_2\) die Erdmasse ein sowie für \(r\) den Erdradius (wir denken uns die gesamte Masse der Erde im Mittelpunkt konzentriert). Dann haben wir für die Gravitationskraft:

\[ F_G = \gamma \cdot \frac{m_1 \cdot m_E}{r_E^2} = m_1 \cdot g \] Wir haben die Konstante \(\gamma \cdot \frac{m_E}{r_E^2}\) mit \(g\) abgekürzt. Für \(g\) ergibt sich mit \(m_E = 5.97 \cdot 10^{24} \; kg\) und \(r_E = 6.37 \cdot 10^6 \; m\):

\[ g = \gamma \cdot \frac{m_E}{r_E^2} = \frac{6.67 \cdot 10^{-11} \; \frac{Nm^2}{kg^2} \cdot 5.97 \cdot 10^{24} \; kg}{(6.37 \cdot 10^6 \; m)^2} = 9.81 \; N/kg = 9.81 \; m/s^2 \]

Dies ist der bekannte Wert für die Erdbeschleunigung. Dieser Wert ändert sich kaum, wenn wir einige Kilometer über der Erdoberfläche sind (man kann das überprüfen, indem man in Gleichung (1) einige Kilometer zu \(r_E\) addiert.). In Erdnähe können wir also für die Gravitationskraft (=“Gewicht”)

\[ F_G = m \cdot g \] setzen.


Die potentielle Energie im Gravitationsfeld

Bei der potentiellen Energie ist die Wahl des Nullpunktes uns selbst überlassen, d.h. die potentielle Energie ist bis auf eine Konstante bestimmt. (Warum das so ist?: Physikalisch meßbar ist nur die Kraft, welche die räumliche Ableitung der potentiellen Energie ist. Und da fällt diese Konstante sowieso weg …).

Bei der Festsetzung des Nullpunktes der potentiellen Energie der Gravitation sind zwei Vorgehensweisen gebräuchlich: Entweder wird der Nullpunkt auf die Erdoberfläche gesetzt oder ins Unendliche (wo die Kraft Null ist).


1. Potentielle Energie gemessen von der Erdoberfläche

Die potentielle Energie ist in diesem Fall (Variante 1):

\[ E_{pot}(r) = \gamma \cdot m \cdot m_E \cdot \left( \frac{1}{r_E} - \frac{1}{r} \right) \]

Die Formel gilt für \(r \ge r_E\). Wir haben wie gewünscht \(E_{pot}(r_E)=0\).

Vorsicht! : Es ist zu beachten, dass \(r\) vom Erdmittelpunkt zählt!

Die Kraft ist die Ableitung der potentiellen Energie, also

\[ F_G = - \frac{d}{dr} E_{pot}(r) = \gamma \cdot \frac{m \cdot m_E}{r^2} \]

womit wir wieder bei Gleichung (1) sind.


gamma = 6.67e-11      # gravitational constant / Nm2/kg2
mE = 5.97e24          # earth' mass /kg
m = 1                 # a mass of 1 kg above earth' surface
rE = 6.37e6           # earth' radius /m 
r = seq(rE, 20*rE, length = 201)
Epot = gamma*m*mE*(1/rE-1/r)
Fg = gamma*m*mE/r^2
df = data.frame(r = r/1000, Epot = Epot/max(Epot), Fg = Fg/max(Fg))
mtxt = "Gravitational Force and Potential Energy"
matplot(df[,1], df[,-1], col = c("blue", "red"), type = "l", lty = 1, lwd = 1.5, main = mtxt, font.main = 1, xlab = "r/km", ylab = "Fg/N and Epot/Nm")
mtext("Both variables normalised to 1" , side = 3, col = "blue", cex = 0.9)
legend("right", c("Epot(r)", "Fg(r)", "Surface"), col = c("blue", "red", "darkgreen"), lty = c(1,1,2), lwd = 2)
abline(v = rE/1000, col = "darkgreen", lty = 2, lwd = 1.5)


1. Potentielle Energie gemessen vom Unendlichen

Die potentielle Energie ist in diesem Fall (Variante 2):

\[ E_{pot}(r) = - \gamma \cdot m \cdot m_E \cdot \frac{1}{r} \] Die Formel gilt wieder für \(r \ge r_E\). Wir haben nun \(E_{pot}(r_E) < 0\) und \(E_{pot}(\infty)=0\).

Vorsicht! : Es ist zu beachten, dass \(r\) vom Erdmittelpunkt zählt!

Die Kraft ist auch hier die Ableitung der potentiellen Energie, wir erhalten wieder denselben Ausdruck für die Kraft (was bestätigt, dass der Nullpunkt der potentiellen Energie frei gewählt werden kann).


gamma = 6.67e-11      # gravitational constant / Nm2/kg2
mE = 5.97e24          # earth' mass /kg
m = 1                 # a mass of 1 kg above earth' surface
rE = 6.37e6           # earth' radius /m 
r = seq(rE, 20*rE, length = 201)
Epot = -gamma*m*mE/r
Fg = gamma*m*mE/r^2
df = data.frame(r = r/1000, Epot = Epot/abs(max(Epot)), Fg = Fg) 
mtxt = "Gravitational Force and Potential Energy"
matplot(df[,1], df[,-1], col = c("blue", "red"), type = "l", lwd = 1.5, lty = 1, main = mtxt, font.main = 1, xlab = "r/km", ylab = "Fg/N and Epot/Nm")
mtext("Potential Energy normalised to 1" , side = 3, col = "blue", cex = 0.9)
legend("bottom", c("Epot(r)", "Fg(r)", "Surface"), col = c("blue", "red", "darkgreen"), lty = c(1,1,2), lwd = 2)
abline(v = rE/1000, col = "darkgreen", lty = 2, lwd = 1.5)


Die potentielle Energie nahe der Erdoberfläche

Um eine Formel für die potentielle Energie der Gravitation in der Nähe der Erdoberflähe zu finden, können wie z. B. von der obigen Formel

\[ E_{pot}(r) = \gamma \cdot m \cdot m_E \cdot \left( \frac{1}{r_E} - \frac{1}{r} \right) \] ausgehen.

In der Nähe der Erdoberfläche können wir \(r = r_E + h\) setzen, wobei \(h\) viel kleiner als \(r_E\) ist (\(h << r_E\)):


\[ E_{pot}(r) = \gamma \cdot m \cdot m_E \cdot \left( \frac{1}{r_E} - \frac{1}{r_E + h} \right) = \gamma \cdot m \cdot m_E \cdot \left( \frac{1}{r_E} - \frac{1}{r_E} \cdot \frac{1}{1 + h/r_E} \right) \]

Es ist \(h/r_E <<1\), deshalb dürfen wir in guter Näherung \(\frac{1}{1 + h/r_E} \approx 1- h/r_E\) schreiben, denn wir können die Taylorentwicklung \(1/(1+x) \approx 1 -x\) benutzen.

Damit bekommen wir:

\[ \begin{split} E_{pot}(h) &= \gamma \cdot m \cdot m_E \cdot \left( \frac{1}{r_E} - \frac{1}{r_E} \cdot \left(1- h/r_E \right) \right) \\ &= \gamma \cdot m \cdot m_E \cdot \left( \frac{1}{r_E} - \frac{1}{r_E} + \frac{h}{r_E^2} \right) \\ &= \gamma \cdot m \cdot m_E \cdot \frac{h}{r_E^2} \end{split} \]

Wir benutzen jetzt wieder die schon oben eingeführte Abkürzung:

\[ g = \gamma \cdot \frac{m_E}{r_E^2} \]

und erhalten damit für die potentielle Energie der Gravitation in der Nähe der Eredoberfläche:

\[ E_{pot}(h) = m \cdot g \cdot h \] Und das sieht ja bekannt aus.


Das Gravitationspotential

Das Gravitationspotential ist nicht genau das Gleiche wie die potententielle Energie, sondern:

\[ \Phi(r) = - \gamma \cdot \frac{m_E}{r} \] (Anstatt der Erdmasse können wir natürlich auch andere Massen einsetzen.)

Die potentielle Energie (in der 2. Variante) ist also:

\[ E_{pot}(r) = m \cdot \Phi(r) \] Das Potential ist also im Gegensatz zur potentiellen Energie unabhängig von der “Probemasse” \(m\).


Die 1. kosmische Geschwindigkeit

Wir leiten diese Geschwindigkeit für die Erde her. Die Formeln können leicht auf beliebige Himmelskörper übertragen werden, wenn Masse und Radius entsprechend gewählt werden.

Die 1. kosmische Geschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, die ein Körper haben muss, wenn er sich auf einer Umlaufbahn mit dem Radius \(r\) um die Erde bewegen soll.

Um den Körper (Masse \(m\)) auf der Umlaufbahn zu halten, ist eine Zentripetalkraft vom Betrag \(m \cdot v^2/r\) nötig, denn der Körper muss ständig in Richtung der Erde abgelenkt (beschleunigt) werden. Diese Kraft muss von der Gravitationskraft aufgebracht werden, wir können also schreiben:

\[ m \cdot \frac{v^2}{r} = \gamma \cdot \frac{m \cdot m_E}{r^2} \]

Wir erhalten daraus für die Geschwindigkeit:

\[ v = \sqrt{\frac{\gamma \cdot m_E}{r}} \]

(\(r\) zählt vom Erdmittelpunkt!)

Soll sich z. B. ein Satellit in einem Orbit 200 km über der Erdoberfläche bewegen, so bekommen wir für diese Geschwindigkeit:

\[ v = \sqrt{\frac{\gamma \cdot m_E}{r_E + 200 \; km}} = \sqrt{\frac{6.67 \cdot 10^{-11} \; \frac{Nm^2}{kg^2} \cdot 5.97 \cdot 10^{24} \; kg}{6.37 \cdot 10^6\; m + 2 \cdot 10^5 \; m}} = 7894 \; m/s \approx 7.9 \; km/s \]

(Einheiten: \(N = kg \cdot m /s^2\))


Fluchtgeschwindigkeit

Wir leiten diese Geschwindigkeit für die Erde her. Die Formeln können leicht auf beliebige Himmelskörper übertragen werden, wenn Masse und Radius entsprechend gewählt werden.

Die Fluchtgeschwindigkeit ist die Anfangsgeschwindigkeit \(v_0\), die ein Körper auf der Erdoberfläche bekommen muss, wenn er das Gravitationsfeld der Erde verlassen soll.

Theoretisch muss er sich also unendlich weit weg bewegen, praktisch genügt natürlich eine endliche Entfernung.

Wir können die Fluchtgeschwindigkeit mit Hilfe der Energiebilanz zwischen kinetischer und potentieller Energie berechnen.

Betrachten wir zunächst die Variante 1 der potentiellen Energie, mit \(E_{pot}(r_E)=0\) (siehe oben). Hier hat der Körper (die Rakete) auf der Erdoberfläche die kinetische Energie \(m/2 \cdot v_0^2\), während die potentielle Energie Null ist. Hat der Körper das Gravitationsfeld (fast) verlassen, dann ist die kinetische Energie Null und die potentielle Energie größer als Null. Wir können mit \(r \rightarrow \infty\) im Ausdruck für die potentielle Energie schreiben:

\[ \frac{m}{2} \cdot v_0^2 = \gamma \cdot m \cdot M \cdot \frac{1}{r_E} \] Daraus bekommen wir für die Fluchtgeschwindigkeit \(v_0\):

\[ v_0 = \sqrt{ 2 \cdot \gamma \cdot \frac{m_E}{r_E}} = \sqrt{ 2 \cdot g \cdot r_E} \]

(\(g\) = Erdbeschleunigung, siehe oben)

Setzen wir die Werte ein, erhalten wir:

\[ v_0 = \sqrt{ 2 \cdot 6.67 \cdot 10^{-11} \; \frac{Nm^2}{kg^2} \cdot \frac{5.97 \cdot 10^{24} \; kg}{6.37 \cdot 10^6\; m}} = 11181 \; m/s \approx 11.2 \; km/s \]

Wir können genauso gut mit der 2. Variante der potentiellen Energie arbeiten. Diese ist im Unendlichen Null, also \(E_{pot}(\infty)=0\). Dort ist auch die kinetische Energie Null, also ist im Unendlichen die Gesamtenenergie Null. Dafür hat die potentielle Energie auf der Erdoberfläche einen negativen Wert. Die Energiebilanz lautet nun also (mit \(r = r_E\)):

\[ \frac{m}{2} \cdot v_0^2 - \gamma \cdot m \cdot m_E \cdot \frac{1}{r_E} = 0 \] Dies führt auf die gleiche Beziehung für die Fluchtgeschwindigkeit (und bestätigt wiederum, dass der Nullpunkt der potentiellen Energie frei gewählt werden kann.)


Die Keplerschen Gesetze

Erstes Keplersches Gesetz

Die Bahnen der Planeten sind Ellipsen, wobei die Sonne in einem der beiden Brennpunkte steht.

Zweites Keplersches Gesetz

Der Radiusvektor von der Sonne zum Planeten überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.

Drittes Keplersches Gesetz

Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen:

\[ \left( \frac{T_1}{T_2} \right)^2 = \left( \frac{a_1}{a_2} \right)^3 \]

Große Halbachse (rot)

Große Halbachse (rot)

Siehe auch den Wikipedia-Eintrag.


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